An einem wunderschönen Tag Anfang April 2025 kapituliere ich. Nach 5 Jahrzehnten Dauerkampf mit meinem Körper und meiner Psyche , weiß ich zum ersten Mal nicht mehr weiter. Emotionale Verletzungen, die mein Selbstwert und mein Selbstvertrauen bis ins Mark erschüttert und die mit einem furchtbaren emotionalen Trauma im Alter von 18 Jahren ihren Höhepunkt gefunden haben, enden heute in einer ,,Niederlage“ meines Körpers. Mein Leben verlief auf vielen Gebieten immer vollkommen unauffällig. Ich erledigte, die mir gestellten Anforderungen ohne viel Anstrengung, allerdings auch ohne große Begeisterung. Ich sprang, bildlich gesprochen, wie ein gutes Pferd, nie höher als ich es musste. Nur meine Gesundheit machte dabei eine Ausnahme. Schon als Schülerin verletzte ich mich beim Basketball innerhalb von 2 Jahren dreimal heftig an den Bändern. Damals wurde diese Art von Verletzung noch operiert und eingegipst. Dreimal verließ ich gesund und munter das Haus, um Stunden später von den immer gleichen Rettungssanitätern aus dem Krankenhaus nach Hause gefahren zu werden. Ich kann ihr Lachen immer noch hören, wenn sie mich im Krankenhaus begrüßten. Sehr viel später habe ich erfahren, dass sie sich die Touren mit mir ausgesucht haben, wenn aus dem Krankenhaus mal wieder ein Auftrag kam, mich nach Hause zu fahren. Muskel- und Bänderverletzungen haben mein ganzes weiteres Leben begleitet. Kaum ein Tennisturnier, bei dem ich nicht irgendwann wenigstens eine kleine Zerrung oder einen Muskelfaseranriss hatte. Je mehr ich unter Stress stand, desto schlimmer war auch die Verletzung. Dazu kamen noch Allergien und eine Schwächung des Immunsystems, die über teils heftige Entzündungen in Ohren, Nasennebenhöhlen und Lunge sichtbar wurde. Je älter ich wurde, desto heftiger verliefen die Krankheitsschübe. Aus einer ,,Sonnenallergie“, die nur einmal im Jahr auftrat, wenn ich im Urlaub war, wurde ein Heuschnupfen, der über Wochen die Nutzung von Asthmasprays und Augentropfen erforderlich machte.
Ich habe Unfälle, grippale Infekte und Allergien überstanden und mich danach wieder aufgerappelt und zu alter Leistungsstärke zurückgefunden, mich aber nie nach der Ursache dafür gefragt, warum ich krank und erst recht nicht warum der Krankheitsverlauf immer schlimmer wurde Ich war die ganze Zeit über immer darauf fokussiert, schnellstmöglich wieder gesund zu werden. Zurückblickend habe ich mir tatsächlich jedesmal bewiesen, dass ich die jeweilige Schlacht gegen Viren, Pollen oder mich selber gewonnen habe und habe danach sofort wieder mein altes Leben aufgenommen. Mit anderen Worten: Ich habe aus meinen Erkrankungen nichts gelernt.
Erst als ich im höheren Alter Verdachtsdiagnosen um die Ohren gehauen bekam wie Krebs der Schilddrüse oder der Gebärmutter, spürte ich zum ersten Mal Hilflosigkeit. Als dass das erste Mal passiert ist, bin ich buchstäblich aus allen Wolken gefallen. Von einem Moment auf den ersten konnte ich nichts mehr tun, als zu warten und zu hoffen. Schrecklich!!!
Weil Abwarten und Vertrauen nicht unbedingt zu meinen Kernkompetenzen gehören, habe ich natürlich mein ganzes Leben lang versucht, ein Problem in den Griff zu bekommen. Dies ist mir in vielen Lebensbereichen auch ganz gut gelungen, mit Ausnahme meiner Gesundheit. Ich glaubte nicht, mich gegen meinen eigenen Körper und meine Psyche wehren zu können und habe mir deshalb Hilfe bei anderen Menschen gesucht, die mir helfen sollten, indem sie mich heilten oder mich wenigstens trösteten. Da ich aber eigentlich dem Urteil anderer Menschen wenig Vertrauen schenkte, konnte ich auch nicht auf Hilfsangebote eingehen. Der Trost anderer erschien mir nicht aufrichtig und Medikamente wollte ich auf keinen Fall einnehmen. Heute weiß ich, dass ich mich in meiner Schwäche klein gefühlt habe und die Reaktionen anderer Menschen auf mein Problem mir wie eine Beurteilung vorkam. Manche behandelten mich von oben herab und demonstrierten ihre eigene Leistungsfähigkeit durch das Gegenteil dessen was ich hatte. Sie waren gesund und konnten tun was sie wollten, ohne dabei Rücksicht auf einen ,,kranken“ Mitmenschen zu nehmen. Andere kümmerten sich und bemitleideten mich in meiner Problematik, was mich mindestens genauso ärgerte. Indem sie mir ihr Mitleid schenkten, machten sie mich noch kleiner als ich mich sowieso gefühlt habe. Und diejenigen, die mich gar nicht beachteten, erschienen mir sehr gleichgültig den Problemen anderer gegenüber zu sein. Wie auch immer sich jemand verhielt, es war in meinen Augen immer falsch, weil ich mich schlecht behandelt fühlte. Jetzt stelle ich mir die Frage, ob ich nicht nur schlecht behandelt fühlte, weil ich mich schlecht gefühlt habe? Jede Reaktion auf meine Aktion war in meinen Augen falsch. Meine Aktion bestand darin, krank zu sein und die Reaktion anderer Menschen darin, darauf einzugehen.
Da die jeweilige Reaktion sich immer nur auf meine Krankheit bezog, wurde ich in meinem Problem immer nur bestätigt. Ich erlebte andere als stärker (weil sie nicht krank waren), gleichgültig (weil sie nicht auf mich eingingen) oder tröstend (was mich meine Schwäche erst richtig fühlen ließ). Keine Reaktion tat mir gut. Selbst Unterstützer wie Ärzte, Therapeuten und alternative Heiler gaben mir Mittel und Lösungsansätze, um wieder gesund zu werden, machten mich damit aber genauso von ihrem Urteil abhängig wie Menschen, die mit mir und meiner Krankheit nichts zu tun haben wollten. Ich fand es immer ätzend, wenn ich auf eine Art und Weise behandelt wurde, die mir nicht gut taten. Ich mochte es nie, gelobt zu werden - ein Mensch, der lobt, glaubt ein Urteil über andere fällen zu dürfen. Jemand der einen anderen durch Verachtung, Rückzug oder auch Trost bestraft, hat ebenfalls eine Meinung zu einem Mitmenschen, der ein spezifisches Verhalten produziert. Dadurch entstehen Hierarchien, in denen manche sich über andere stellen und dies durch ihr Verhalten dann auch kommunizieren. Mir persönlich sind diese Zusammenhänge erst durch meine Krankheiten ins Bewusstsein getreten, weil ich gemerkt habe, dass ich auf die Reaktion anderer Menschen auf mich reagiere - und das nicht friedlich und ausgeglichen…..
Fazit: Das Denken und Fühlen macht den Körper
Alles Liebe
Klee