• Ich will so bleiben, wie ich bin

    Ich will so bleiben, wie ich bin

    …auch wenn ich mit dem Ergebnis nicht zufrieden bin. Dies beschreibt wahrscheinlich ziemlich genau den inneren Konflikt, unter dem die Menschen in der heutigen Zivilisation zu leiden haben. Sie sind nicht zufrieden mit den Lebensumständen, sehen sich aber außerstande, etwas daran zu verändern. Sie leiden dann unter den Folgen ihrer Unzufriedenheit, ohne die Ursachen dafür benennen zu können. Heute beschäftige ich ich damit, dir das eigentliche Problem etwas näher zu bringen. Solange jemand sich sicher genug fühlt, zumindest die Alltagsroutine zu bewältigen, fühlt man sich stabil genug, um sich im Leben zu bestehen. Dann gibt es keinen wirklichen
    Grund, etwas zu verändern. Um uns stark und damit sicher zu fühlen, brauchen wir ein stabiles Selbstwertempfinden, das wir aufgrund unserer erlernten Hilflosigkeit aus der Kindheit allerdings nicht haben. Deshalb brauchen wir die Bestätigung unserer Mitmenschen in Form von Anerkennung, Liebe oder Respekt. Wenn wir schon nicht geachtet werden, reicht uns auch Beachtung. Selbst negative Beachtung ist dann besser als gar nicht beachtet zu werden.
    So ist zum Beispiel das Schimpfen einer Mutter, neutral gesehen, ein großer Erfolg, weil es einem Kind mit seinem Verhalten zu 100% gelungen ist, auf sich aufmerksam zu machen. Da diese Reaktion der Mutter allerdings in dieser Form nicht so gewollt gewesen ist, reagiert das Kind, obwohl es genau betrachtet, Erfolg damit hatte, auf sich aufmerksam zu machen, darauf mit Enttäuschung. In dem Begriff Enttäuschung versteckt sich das Wort ,,Täuschung“. An dieser Stelle muss man sich zuerst einmal fragen, wer hier eigentlich wen täuscht. Ist die Reaktion des Gegenübers eine Täuschung oder einfach eine ehrliche Reaktion auf das, was ein Mensch wahrnimmt. Muss die Reaktion sehr schnell erfolgen, weil ein Organismus sich bedroht fühlt, denken die Betroffenen nicht nach, sondern handeln instinktiv, also ohne nachzudenken. Wenn es früher mal sinnvoll war, wegzurennen oder sich zu wehren, wenn man von einem wilden Tier oder Menschen angegriffen wurde, sind die Angriffe heute wesentlich subtiler. Da reagiert man dann unwillkürlich darauf, von anderen angezweifelt, bedroht oder manipuliert zu werden, oft ohne die Motivation für das Verhalten des Gegenübers zu verstehen. Die Täuschung besteht darin, sich das Verhalten des Mitspielers zu bewerten, anstatt sich selber zu hinterfragen. Auf diese Weise bleibt der Fokus im Außen. Gelingt die Anpassung optimal, wird man durch positive Aufmerksamkeit belohnt, fällt die Reaktion aber nicht wie erhofft aus, dann weiß man nicht, was schiefgegangen ist. Ein nächstes Mal versucht man, ,,besser zu sein“, hinterfragt aber nicht den Sinn des eigenen Tuns.

    So betrachtet ist es zum Beispiel für ein erstgeborenes Kind, dem die ganze Aufmerksamkeit einer Familie geschenkt wurde, selbstverständlich, beachtet zu werden. Wenn es sich dafür gegen potentielle Rivalen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr setzen muss, wird es das unwillkürlich, instinktiv tun. Dann werden sogar Geschwister zu Rivalen, die es zu besiegen gilt. Deshalb lernen ,,Zweitgeborene“ oft, sich eher zurückhalten. Sie vermeiden im ganzen weiteren Leben meistens jegliche Konkurrenz, wodurch sie allerdings die Chance hätten, sich auf Handlungen zu konzentrieren, die sie tatsächlich tun wollen und nicht müssen. So könnte es sein, wenn nicht auch jüngere Geschwister, nicht Angst hätten, unbeachtet zu bleiben und deshalb Nischen suchen, in denen sie gefallen, wodurch sie allerdings wieder zu Rivalen werden und Konflikte das Miteinander beherrschen. Dann leiden diejenigen, die durch ihr Verhalten auf sich aufmerksam machen können unter einer Angst, dass andere ihnen die Aufmerksamkeit nehmen könnten, während diejenigen, die nicht daran glauben, konkurrenzfähig zu sein, Angst davor haben, andere zu verärgern, wenn sie auffällig werden. Deshalb bestimmt diese Angst unser Zusammenleben, ohne dass uns die Gründe dafür bewusst sind. Während wir angestrengt versuchen, keine Angst zu haben, kommen Freude, Leichtigkeit und Genuss zu kurz. Trotz der Anstrengung, die diese Lebensweise mit sich bringt, ändern wir nichts daran, weil wir nicht wissen wie. Momentan brauchen wir die Anerkennung anderer, um uns sicher zu fühlen, fühlen uns aber unsicher, wenn wir beachtet werden, weil dies andere Menschen verärgern könnte, die bewusst und unbewusst als Rivalen eingeschätzt werden. Dann ,,enttäuscht“ einen das Verhalten eines Anderen, weil es einem Angst macht. Dabei handelt es sich weniger um eine unmittelbare Reaktion auf das Verhalten eines anderen Menschen, sondern es ist eine einem selber unverständliche Angst, nicht mehr beachtet zu werden. Die eigentlich Täuschung besteht darin, nicht an den eigenen Wert zu glauben und sich deshalb von der Anerkennung anderer abhängig zu machen. Das genau dieses Verhalten aber erst die Unsicherheit auslöst, unter der man dann im Alltag leidet, ist das Problem dabei. Dann ist jemand zum Beispiel von einem anderen enttäuscht, weil der sich nicht wie gewünscht verhält, ohne zu verstehen, dass die Täuschung darin liegt, zu glauben, sich nicht auf sich selber verlassen zu können. Sie fühlen dann unter anderem Ärger, Trauer, Eifersucht, Wut, Hass und Kummer, anstatt das Leben zu genießen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, kann man das eigene Verhalten aber nicht verändern, sondern immer wieder genau das wiederholen, was man in frühster Kindheit gelernt hat, ohne sich dessen bewusst zu sein, was man tut.

    Fazit: Menschen glauben, keine Wahl zu haben.

    In diesem Sinn wünsche ich dir eine schöne Woche

    Deine ☘

    Mein Name ist Kerstin Luise Else Erika Neumüller-Haver, kurz Klee. Seit 35 Jahren bin ich begeisterte Mutter und neuerdings auch noch Oma eines wunderbaren Enkelkindes. Obwohl ich immer alles hatte, war ich dennoch selten zufrieden und ausgeglichen.