Irgendwann in meinem Leben war ich es leid, zu leiden. Am Anfang waren es Muskelverletzungen, dann Depressionen und noch später kam das Übergewicht dazu. Im Laufe der Zeit habe ich mich von einem gesunden und vitalen in einen behäbigen Menschen verwandelt, der sich vollkommen in eine Isolation zurückzieht. Natürlich habe ich diesen Prozess nicht stillschweigend hingenommen, sondern nach Erklärungen gesucht. Zuerst glaubte ich, dass ich meinem Körper ein zu großes Pensum abverlangen würde und reduzierte mein Training immer mehr. Das hatte aber nur zur Folge, dass ich zunahm, weil ich mein Essverhalten den neuen Bedingungen nicht angepasst habe. Anstatt weniger zu essen, weil ich weniger verbrauchte, aß ich eher in meinen sportlichen Zwangspausen eher noch mehr. Ich lagerte die Überschüsse an Zuckern, Fetten und Eiweißen offensichtlich schnell in den Zellen und den Zellzwischenräumen ab, was dazu führte, dass der Stoffaustausch in den Zellen erschwert wurde. Mein Frustessen war also die Ursache für eine schlechte Versorgung der Zellen, die ohne die nötigen Mineralien nicht normal arbeiten konnten. Ich wurde dicker, weil ich zu viel aß, aber warum ich Heißhunger hatte, dem ich nicht widerstehen konnte, das wusste ich leider nicht. Sowohl der Überschuss an nicht benötigten Nahrungsmitteln als auch die Menge an nicht vollständig ab- oder umgearbeiteten Stoffen blieben in den Zellen hängen und störten deren Gesundheit und damit auch deren Funktion nachhaltig, Das hatte eine starke Übersäuerung des gesamten Gewebes zur Folge, die Bewegung nicht nur erschwert, sondern nach und nach sogar unmöglich gemacht hat. Am Anfang der Entwicklung litt unter meinen Verletzungen, am Ende litt ich unter einer Veränderung meiner Persönlichkeit. Aus einem bekennenden Sportaholic ist eine ,,Couchpotatoe“ geworden. An diesem Punkt der Geschichte hätte ich jegliche Verantwortung an das Schicksal abgeben können. Was kann ich denn dafür, dass ich schon so alt bin? Ist es nicht normal, dass man ab spätestens 50 Jahren nicht mehr so leistungsfähig ist und deshalb besser kürzer treten sollte. Mir persönlich reichte diese Erklärung als Ursache nicht aus, Dinge, die ich nicht ändern kann, als Rechtfertigung zu nutzen. Sicherlich muss man mit dem Altern mit den eigenen Kräften haushalten, aber man muss deshalb doch nicht mit dem aufhören, was einem immer Spaß gemacht hat.Ich bekam Angst bei dem Gedanken, dass das Alter nur noch Einschränkungen bereithalten würde. Welchen Sinn macht ein Leben, in dem man nichts mehr kann, nicht mehr gebraucht wird und keinerlei Einfluss auf das eigene Schicksal nehmen kann.
Bei meiner Recherche auf der Suche nach möglichen Antworten zum Thema, Der Sinn eines Lebens, in dem alles vergänglich ist führte mich zu Quellen, die mir vermittelten, dass wir Menschen bewährte Strategien gewohnheitsmäßig leben, weil wir einen Sinn darin sehen, immer das Gleiche auf dieselbe Art und Weise zu tun. Die Beständigkeit im Tun gibt uns die nötige Sicherheit, weil wir die Reaktion anderer Menschen ziemlich genau einschätzen können. Wenn wir also gelernt haben, zu lächeln und es uns damit zuverlässig gelingt, andere zufriedenzustellen oder wenigstens zu beschwichtigen, werden wir immer lächeln, wenn es uns richtig erscheint, um mit anderen Menschen zurecht zu kommen. Im besten Fall werden wir dann gemocht und respektiert, aber wenigstens geduldet. Diese Reaktionen sind eine Erlaubnis, da sein zu dürfen, ohne sie gehören wir nicht dazu, Der Preis, den wir dafür zahlen, uns zugehörig fühlen zu dürfen ist allerdings hoch, weil wir oft ohne eigene Überzeugung handeln und uns dabei selber verraten. Dann hörte ich irgendwo, dass wir Menschen irgendwann in unserem meist unbewussten Tun aufgehalten werden und nicht mit dem weitermachen können, was wir für normal halten, was uns aber nicht guttut. Dabei bekommt jeder Mensch offenbar immer genau das Problem, das ihm oder ihr am meisten weh tut. So verliert zum Beispiel ein Sportler die Möglichkeit, sich zu bewegen, jemand, der gerne die Kontrolle behalten will, leidet unter einem Kontrollverlust, weil er vielleicht verlassen wird oder den Job verliert und ein anderer, der versucht, ein erfolgreiches Image zu behaupten, gelingt es nicht mehr, andere zu beeindrucken. Wie auch immer der Stress aussieht, unter dem ein Mensch zu leiden hat, bedeutet er für den Betroffenen immer den ,,Supergau“, während andere das Problem im Problem gar nicht begreifen können. Sie leiden dann unter dem offensichtlichen Problem, das sie darin hindert, ein ,,normales“ Leben zu führen, ohne die Chance in dem Symptom zu erkennen. Eigentlich leidet man also nicht unter dem Problem, sondern das Problem zeigt nur, dass man leidet, Dieses Leid wird aber solange nicht bemerkt, wie man zum Beispiel mithilfe von Sport und anderem Suchtverhalten und anderen Suchtmitteln das eigene Leid kompensieren kann.
Fazit: Ich weiß gar nicht, worunter ich leide, ich weiß nur, dass ich leide.