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    Ich kann nicht mehr!

    Bei mir hat es jetzt 59 Jahre lang gedauert, bis ich vor mir selber und anderen zugebe, dass ich nicht mehr kann. Ich bin ständig krank: Migräne, unerträgliche Rückenschmerzen, Depressionen, Angststörungen und Infekte wechseln sich miteinander ab und hindern mich ausgesprochen erfolgreich daran, mein Leben qualitativ so zu führen, wie ich es mir wünsche.

    Ich bin immer ein Mensch gewesen, der fleißig, diszipliniert und zielorientiert die gestellten Aufgaben und Erwartungen erfüllt hat. Dabei habe ich niemals den Unterschied zwischen Eigenbestimmung und Fremdbestimmung wahrgenommen. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, weiß ich nicht einmal, ob ich irgendeine Entscheidung aus einem eigenen Impuls getroffen habe, oder ob ich mich nur den Erwartungen und Forderungen anderer angepasst habe. Mein ganzes Leben lang habe ich mich 24/7 angestrengt, anderen zu gefallen, ohne mich selber zu mögen. Auch wenn es mir sicherlich das eine oder andere Mal gelungen ist, für andere eine Bereicherung zu sein, war ich mit mir nie zufrieden. Für meinen Vater war ich ,,das Beste, was er geschaffen hat“ und für andere Menschen ein ,,Segen“. Eine Freundin lobte mich einmal mit der Bemerkung, ,,Ich wäre die Sahne in ihrem Kaffee“. Ich weiß, wie sehr ich diese Bestätigungen immer als Motivation für mein anstrengendes Leben gebraucht habe. Darin habe ich die Kraft gefunden, weiterzukämpfen, einzig auf das Ziel ausgerichtet, anderen zu gefallen und dies auch von ihnen bestätigt zu bekommen. Gut 55 Jahre lang ist es mir erfolgreich gelungen, immer wieder Menschen zu finden, die mir die Anerkennung gaben, die ich brauchte. Dass ich mich bei dem Versuch, andere von mir zu überzeugen, total verausgabte, habe ich dabei aber niemals erkannt. Im Laufe der Zeit fiel es mir, selbst in meinen Spezialdisziplinen,körperlich, emotional und mental immer schwerer, meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Bis zum Tod meines Vater schien ich mein Leben im Griff zu haben. Selbst nach den Geburten meiner vier Kinder, habe ich immer mit viel Fleiß und Disziplin, immer wieder mein Normalgewicht erreicht und dachte immer, dass das normal ist. Erst als ich nach dem Verlust meines Vaters die Kontrolle über mein Leben und meinen Körper verlor und jeden Monat über 2 Jahre gut 2 Kilogramm zunahm, musste ich mir eingestehen, dass ich vieles aber auf keinen Fall Kontrolle über irgendetwas hatte. Aber anstatt dies vor mir selber zuzugeben, habe ich ständig neue Pläne entwickelt, um wieder erfolgreich darin zu sein, andere von mir und meinen Leistungen zu überzeugen. Am Ende musste ich allerdings resigniert feststellen, dass ich die Kontrolle verloren hatte und deshalb weder meinen eigenen Erwartungen noch denen anderer gerecht werden konnte. Ich gewöhnte mich daran, dass ich niemandem mehr gefiel und dementsprechend auch keine positive Aufmerksamkeit zu erwarten hatte. Nachdem ich anfangs nur gegen mein Gewicht gekämpft habe, war letztlich mein Selbstbild zerstört. Ohne Hoffnung auf Besserung, resignierte ich.

    Als Folge davon, habe ich mich enttäuscht von mir selber und den Forderungen und Erwartungen meiner Mitmenschen, immer weiter zurückgezogen, um weiteren Stress zu vermeiden. Seitdem lebe ich ein überschaubares, aber unzufriedenes Leben, in dem ich zwar Stress vermeiden kann, aber private, soziale und berufliche Erfolge ausbleiben.

    Meinen Beobachtungen nach, bin ich mit diesem Problem nicht allein. Auch wenn die Symptome sich unterscheiden, habe ich ständig mit Menschen zu tun, die ebenfalls ihre innere Mitte verloren haben, weil sie nicht im Gleichgewicht sind mit dem was sie tun und was sie am liebsten tun würden.

    Fazit: Wir Menschen sind abhängig von der Anerkennung und Aufmerksamkeit anderer Menschen und geben unsere Ideale dabei auf.

    Ich wünsche dir eine wunderschöne Woche!

    Deine Klee

    Mein Name ist Kerstin Luise Else Erika Neumüller-Haver, kurz Klee. Seit 35 Jahren bin ich begeisterte Mutter und neuerdings auch noch Oma eines wunderbaren Enkelkindes. Obwohl ich immer alles hatte, war ich dennoch selten zufrieden und ausgeglichen.